Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

Empfehlungen zur HIV-Prävention vor dem Hintergrund der Entwicklung der Syphilis in Nordrhein-Westfalen

Stand: 26. Februar 2013


Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW will mit dieser Empfehlung die Akteurinnen und Akteure der HIV-Prävention im Öffentlichen Gesundheitsdienst und in der Freien Trägerschaft auf die Bedeutung der steigenden Syphilis-Infektionszahlen für die HIV-Epidemiologie aufmerksam machen.


Die gesamte Empfehlung zum Download finden Sie hier (PDF).

Aktuelle Zahlen zu Syphilis in NRW und Deutschland finden Sie hier.

Im Jahr 2011 ist die Zahl der Syphilis-Meldungen an das Robert-Koch-Institut aus Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent angestiegen. Die Inzidenz 2011 liegt mit 5,5 Infektionen pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner über dem Bundestrend. Die vorläufigen Meldezahlen des vergangenen Jahres legen nahe, dass auch im Jahr 2012 eine weitere Zunahme erfolgt ist.


Das Konzept zur Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen sieht einen besonderen Handlungsbedarf darin

  • sexuell übertragbare Infektionen stärker in den Blick zu nehmen
  • die HIV-Prävention zukünftig enger mit der Prävention anderer sexuell übertragbarer Infektionen zu verknüpfen
  • den Zugang zu qualifizierter Beratung, Diagnostik und Therapie zu erleichtern


Der Syphilis kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Sie ist eine relativ stark verbreitete und leicht übertragbare Infektion, die die Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV zu infizieren um den Faktor 2-4 erhöht. Darüber hinaus kann eine Syphilis bei nicht antiretroviral behandelten Menschen mit HIV zu einem bedeutsamen Anstieg der HI-Viruslast führen und damit die Übertragbarkeit erleichtern. Bei Menschen mit HIV kann eine Syphilis schneller und dramatischer verlaufen.


Vor dem Hintergrund der für Nordrhein-Westfalen vorliegenden Daten und Auswertungen gibt die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW den Akteurinnen und Akteuren der Kommunen und der Freien Wohlfahrtspflege folgende Empfehlungen für die Prävention, Beratung, Testung und Untersuchung:

Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW empfiehlt die Intensivierung der Prävention und Diagnostik vor allem für die Zielgruppen "Schwule Männer und andere Männer, die Sex mit Männern haben" und "Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter". Wichtig ist darüber hinaus, dass Menschen mit HIV Informationen zu den Besonderheiten der Syphilis im Zusammenhang mit HIV erhalten.

Da die Syphilis eine relativ leicht übertragbare Infektion ist, können Erfolge nur durch eine Intensivierung verschiedener Maßnahmen sowie deren bessere Verknüpfung erzielt werden. Als Handlungsebenen kommen vorrangig in Betracht:

  • Information
  • Präventionsberatung
  • Diagnostik
  • Therapie
  • Information und Behandlung der Partnerinnen bzw. Partner


Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW befürwortet, über das Angebot von Beratung, Testung und Untersuchung für Menschen nach entsprechenden Risikosituationen oder mit aktuellen Beschwerden hinaus, insbesondere,

  • Informationen zur Syphilis in Beratungen zur Übertragung und Prävention von HIV einzuschließen
  • Positiv auf Syphilis getestete Menschen über das erhöhte HIV-Infektionsrisiko zu informieren
  • Im Rahmen der Präventionsberatung darüber aufzuklären, dass die Nutzung von Kondomen zwar das Syphilisinfektionsrisiko reduziert, eine Infektion jedoch nicht ausschließt
  • Personen mit hohem Risiko regelmäßige Tests zu empfehlen
  • Schwulen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), mit wechselnden Partnern einmal pro Jahr, schwulen Männern und MSM mit mehr als zehn Partnern mindestens zweimal pro Jahr einen Test anzubieten
  • Menschen mit HIV bei vorliegendem Risiko (wechselnden Partnerinnen/Partnern) ebenfalls mindestens einmal jährlich einen Test anzubieten
  • Kundinnen und Kunden der Sexarbeit als Zielgruppe in den Blick zu nehmen und für sie entsprechende Angebote zu entwickeln


Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW begrüßt das anonyme und kostenlose Beratungs-, Test- und Untersuchungsangebot in vielen Kommunen Nordrhein-Westfalens. Eine verstärkte Bewerbung des bestehenden Angebots und die Ausdehnung auf weitere Kommunen rücken das Thema stärker in das Bewusstsein der Zielgruppen und verbessern den Zugang zur Diagnostik. Wichtig ist hierbei, Angebote für Personen mit hohem Risiko niedrigschwellig und nach Möglichkeit aufsuchend zu gestalten.


Positiv auf Syphilis getesteten Menschen ist anzuraten, frühere Sexualpartnerinnen bzw. Sexualpartner zu informieren, damit sie sich beraten, untersuchen und gegebenenfalls behandeln lassen können. Bei einer primären Syphilis sollten dies die Partnerinnen bzw. Partner der vergangenen drei Monate sein, bei sekundärer oder frühlatenter Syphilis ist ein Zeitraum von bis zu zwei Jahren zu berücksichtigen.


Nur eine regelmäßige Überprüfung der regionalen Meldezahlen bei SurvStat@RKI stellt sicher, dass ein spontaner regionaler Anstieg der Meldezahlen erkannt und mit entsprechenden Angeboten reagiert werden kann. Dienlich ist ebenso zu prüfen, inwieweit die aktuellen Angebote die Zielgruppen erreichen, die gegenwärtig einem besonderen Risiko ausgesetzt sind.


Auch die Behandlerinnen und Behandler, sei es in Kliniken oder in der niedergelassenen Praxis, sollten für die Entwicklung sensibilisiert und als Kooperationspartnerinnen und -partner gewonnen werden.

Eine Übersicht zu den Themen

  • Entwicklung der Meldezahlen aus Nordrhein-Westfalen
  • Verteilung von Geschlecht, Infektionswegen, Alter, Herkunftsländern
  • Räumliche Verteilung in Nordrhein-Westfalen
  • Angaben zur klinischen Symptomatik und zum Anteil der Reinfektionen
  • Entwicklung des Untersuchungsangebotes in NordrheinWestfalen
  • Beobachtung des Verlaufs der Meldezahlen und des Zugangs zu Diagnostik und Behandlung

finden Sie hier (PDF).

Aktuelle Zahlen zu Syphilis in Deutschland und NRW finden Sie hier.