Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

HIV-Prävention braucht neue Dynamik

Foto: UNAIDS (Winnie Byanyima)7. Juni 2021 (ergänzt am 9. Juni 2021) - Vierzig Jahre nach den ersten Meldungen von Aids-Erkrankungen durch die Centers of Disease Control and Prevention fordert Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von UNAIDS, anlässlich der morgen beginnenden Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema Aids, die Staats- und Regierungchef*innen der Welt auf, der HIV-Prävention mehr Dynamik zu verleihen. 


Fortschrittliche Gesetze und starke Gesundheitssysteme führen zum Erfolg

Neue Daten von UNAIDS zeigen, dass Dutzende von Ländern, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2016 festgelegten Ziele für 2020 erreicht oder übertroffen haben - ein Beweis dafür, dass die Ziele nicht nur erstrebenswert, sondern auch erreichbar sind.

Der Bericht verdeutlicht, dass Länder mit fortschrittlichen Gesetzen und Richtlinien sowie starken und inklusiven Gesundheitssystemen die besten Ergebnisse im Kampf gegen HIV erzielt haben. In diesen Ländern haben Menschen, die mit HIV leben oder besonders durch HIV gefährdet sind, einen besseren Zugang zu effektiven Angeboten wie HIV-Tests, Präexpositionsprophylaxe (Medikamente zur HIV-Prävention), Harm Reduction sowie Behandlung und Pflege. 


Die effektiven Strategien sind bekannt

"Die leistungsstarken Länder haben Wege aufgezeigt, denen andere folgen können", sagte Winnie Byanyima. "Ihre angemessene Finanzierung, ihr echtes Engagement für die Community, ihre auf Rechten basierenden und sektorübergreifenden Ansätze und die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse als Grundlage für gezielte Strategien haben ihre Epidemien umgekehrt und Leben gerettet. Diese Elemente sind von unschätzbarem Wert für die Pandemievorbereitung und -bekämpfung gegen HIV, COVID-19 und viele andere Krankheiten."


Große Erfolge in der Behandlung - weniger in der Prävention

Weltweit hat sich die Zahl der Menschen in Behandlung seit 2010 mehr als verdreifacht. Im Jahr 2020 befanden sich 27,4 Millionen der 37,6 Millionen Menschen, die mit HIV leben, in Behandlung; im Jahr 2010 waren es erst 7,8 Millionen. Durch die Einführung einer erschwinglichen, hochwertigen Behandlung konnten seit 2001 schätzungsweise 16,2 Millionen Todesfälle verhindert werden.

Der Rückgang der Todesfälle ist zu einem großen Teil auf die Einführung der antiretroviralen Therapie zurückzuführen. Die Zahl der Aids-bedingten Todesfälle ist seit 2010 um 43 Prozent auf 690.000 im Jahr 2020 gesunken. Auch bei der Verringerung der HIV-Neuinfektionen wurden Fortschritte erzielt, allerdings deutlich langsamer - ein Rückgang um 30 Prozent seit 2010. 2020 haben sich 1,5 Millionen Menschen neu mit dem Virus infiziert, verglichen mit 2,1 Millionen im Jahr 2010. 


Kriminalisierung führt zu nichts

62 Prozent der HIV-Neuinfektionen erfolgen in Ländern, die die Zielgruppen strafrechtlich verfolgen, ignorieren, stigmatisieren oder ihnen keinen Zugang zu Prävention und Versorgung gewähren. Zum Beispiel kriminalisieren fast 70 Länder weltweit gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen. Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, Sexarbeiter*innen, Trans*-Personen, Menschen im Gefängnis und Menschen, die Drogen injizieren, haben kaum oder gar keinen Zugang zu Gesundheits- oder Sozialdiensten, wodurch sich HIV in diesen Gruppen ausbreiten kann.

Auch junge Frauen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara werden weiterhin vernachlässigt: Sechs von sieben HIV-Neuinfektionen unter Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahren erfolgen bei Mädchen. Aids-definierende Erkrankungen sind in diesen Ländern nach wie vor die häufigste Todesursache bei Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren. 


Bisher vernachlässigte Bevölkerungsgruppen in den Mittelpunkt stellen

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie brüchig die Gesundheits- und Entwicklungserfolge der letzten Jahrzehnte sind, und hat eklatante Ungleichheiten zwischen Ländern und Bevölkerungsgruppen aufgezeigt.

Die neuen Ziele, die die Weltgemeinschaft für die Zeit bis 2025 vereinbaren sollte, sollen vor allem sicherstellen, dass vernachlässigte Bevölkerungsgruppen erreicht werden. Angestrebt wird, dass 95 Prozent der Menschen, die Angebote der Prävention und Behandlung benötigen, auch einen Zugang zu diesen haben. Bis 2025 sollen HIV-Infektionen auf weniger als 370.000 pro Jahr und Aids-bedingte Todesfälle auf weniger als 250.000 pro Jahr reduziert werden. Dafür sind bis 2025 Investitionen in Höhe von 29 Milliarden US-Dollar pro Jahr erforderlich. Mehr zu den 2025-Ziele lesen Sie hier.

"Die Welt kann es sich nicht leisten, zu wenig in die Pandemievorsorge und -bekämpfung zu investieren", sagte Winnie Byanyima. "Ich fordere die Generalversammlung der Vereinten Nationen dringend auf, den Moment zu nutzen und sich zu verpflichten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Aids zu beenden."

Den Bericht von UNAIDS zur anstehenden Generalversammlung finden Sie unter unaids.org.


UN-Generalversammlung bleibt hinter den Erwartungen zivilgesellschaftlicher Organisationen zurück

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat die "Political Declaration on HIV and AIDS: Ending Inequalities and Getting on Track to End AIDS by 2030" am 8. Juni 2021 verabschiedet. Die Erklärung finden Sie unter undocs.org.

Deutsche und europäische Organisationen der Zivilgesellschaft zeigen sich von der Beschlusslage enttäuscht. Kritisiert wird unter anderem, dass keine Festlegung erfolgte, wie die für die Erreichung der Ziele notwendigen Mittel bereitgestellt werden sollen. Die Organisationen der Zivilgesellschaft verweisen auf die nach ihrer Einschätzung progressivere Resolution des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2021 über die "Beschleunigung der Fortschritte und Bekämpfung von Ungleichheiten bei der Beseitigung von Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030". Mehr dazu lesen Sie unter aidshilfe.de.

 

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