Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW

Studie zur Gesundheit Geflüchteter

Foto: napri, photocase.de15. November 2018 - Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat über 2.000 geflüchtete Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan befragt, die erst bis zu zwei Jahre in Deutschland sind und noch in Aufnahmeeinrichtungen zu erreichen waren. Die umfangreiche Studie bietet detaillierte Erkenntnisse zum gesundheitlichen Zustand dieser Menschen und zu ihrem Zugang zum Gesundheitssystem.


Gewalt und Trauma

Mehr als drei Viertel aller Geflüchteten aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Afghanistan haben unterschiedliche Formen von Gewalt erlebt und sind dadurch oft mehrfach traumatisiert. Die meisten Schutzsuchenden, die Angaben zu traumatischen Ereignissen gemacht haben, geben Kriegserlebnisse oder Angriffe durch Militär oder Bewaffnete an. Bei jedem Dritten sind Angehörige oder nahestehende Personen verschleppt worden, verschwunden oder gewaltsam ums Leben gekommen.

Im Vergleich zu Geflüchteten, denen diese Erfahrungen erspart geblieben sind, berichten Geflüchtete mit traumatischen Erfahrungen mehr als doppelt so häufig über körperliche und psychische Beschwerden.


Zugang zum Gesundheitssystem

Zwei Drittel haben in den letzten sechs Monaten einen Arzt aufgesucht, überwiegend wegen allgemeiner Gesundheits- und Vorsorgeuntersuchungen sowie akuter leichter Erkrankungen. In der Arztpraxis oder im Krankenhaus stellen sprachliche Barrieren eine große Herausforderung dar: Mehr als jeder zweite Geflüchtete berichtet über große Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen. Ähnlich hoch ist der Anteil derer, die nicht wissen, welche Gesundheitsangebote ihnen überhaupt zur Verfügung stehen.


Eigene Einschätzung des Gesundheitszustandes

Beim Gesundheitszustand zeigt sich, dass die Geflüchteten seltener als die vergleichbare deutsche erwachsene Wohnbevölkerung chronisch erkrankt sind. Gleichzeitig schätzen sie ihren eigenen Gesundheitszustand jedoch subjektiv deutlich schlechter ein als die Vergleichsgruppen. Ängste und Sorgen angesichts der Situation in der Heimat, räumliche Enge, belastende Lautstärke und mangelnde Privatsphäre in den Erstaufnahmeeinrichtungen, der Alltag in den Flüchtlingsunterkünften, der oft von Langeweile geprägt ist, oder die Unwissenheit über die eigene Zukunftsperspektive können die subjektive Einschätzung des eigenen Gesundheitszustands negativ beeinflussen.


Empfehlungen

Um den Schutzsuchenden zu helfen, sollten sie aus Sicht der Studienautoren ab dem ersten Tag in Deutschland einen umfassenden Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten. Bürokratische und sprachliche Hemmnisse müssen abgebaut, psychotherapeutische Angebote in der Traumabehandlung vorgehalten werden. Dabei müssen insbesondere sprachliche Barrieren mitberücksichtigt werden.

"Neben einem sicheren Aufenthaltsstatus, einer passenden Unterkunft, sinngebender Beschäftigung und Freizeitangeboten kann Geflüchteten ein niedrigschwelliger Zugang zum Gesundheitssystem helfen, ihre gesundheitlichen Probleme besser zu bewältigen," so das Fazit von Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitautor der Studie.


Die aktuelle Studie des WIdO mit dem Titel "Gesundheit von Geflüchteten in Deutschland. Ergebnisse einer Befragung von Schutzsuchenden aus Syrien, Irak und Afghanistan" steht online zur Verfügung unter wido.de.

 

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